Montag, 22. November 2010

Wintermorgen

Eisig kalt und grau in grau liegt die Stadt vor meinem Fenster.

Kein Sonnenstrahl hat genug Kraft, sich durch die Wolkendecke hindurch zu kämpfen. So ist es dunkel, obwohl der Tag doch grad begonnen hat.

Die Menschen dort unten sind dick vermummt mit langen Mänteln und wolligen Schals. Ihre Hände tief vergraben in den Taschen atmen sie kleine Eiswolken aus. Ihre Augen stur auf den Boden gerichtet, gehen sie einen Schritt schneller als gewohnt, als würden sie der Kälte davonlaufen wollen.

Und obwohl ich selbst in molliger Wärme sitze, beginne auch ich zu frösteln beim Blick hinaus.

Langsam suchen erste kleine Schneeflocken ihren Weg zur Erde. Noch verschwinden sie wie im Nichts, sobald sie den Boden berühren, doch bald werden es genug sein, um die Stadt in ein ebenmäßig weißes Kleid zu hüllen.

Obwohl es noch immer eisig kalt sein wird, gelingt es diesem kleinen Wunder doch, uns Wärme in unsere Herzen zu bringen.

Die Schritte der Menschen verlangsamen sich. Sie halten inne, schauen, woher die kleinen glitzernen Kristalle kommen. Sie staunen, wie schön eine weiße Decke die sonst so trübe Landschaft gestalten kann. Auch ohne Farben.

Kinder breiten lachend die Arme aus und versuchen, etwas von dem Zauber aufzufangen und wir erinnern uns, wie auch wir früher die weiße Pracht ungestüm laut rufend gefeiert haben.

Weißt du es noch?

Wilde Schlittenfahrten, Schneeballschlachten, eingeseifte rote Gesichter mit strahlend lachenden Augen, schneeverklumpte Handschuhe, Schneemänner mit Kohle-Augen und Mohrrüben-Nasen und mit Armen und Beinen in den Schnee gemalte Engel.

Erinnerst du es noch?

Das Gefühl einer rot gefrorenen Nasenspitze, das gemeine Kribbeln in den kalten Händen, wenn sie an die Heizung gedrückt langsam wieder auftauen, das wohlige Gefühl, wenn die nasskalten Füße endlich wieder in wärmende Socken gesteckt werden, Schnee, der auf deiner Zunge schmilzt, und weißt du noch, wie Eiszapfen schmecken?

Eisig kalt und grau in grau liegt die Stadt vor meinem Fenster.

Und ich freue mich schon darauf, in diesem Jahr den ersten Schnee mit einem lauten Lachen zu begrüßen!

 

 - S. Ratzke -    

 

3 Kommentare:

die flinken Spulchen - GiselaF hat gesagt…

Das Foto mit den zarten Gebilden der wunderschönen Eisblumen am Fenster der schwarzweißen Landschaft, weckt bei mir Erinnerungen die mindestens 30 Jahre alt sind. In unserer ersten Wohnung, wir hatten noch Kohlefeuerung und einfaches Glas in den Fenstern, wuchsen diese Blümchen mit Vorliebe am Schlafzimmerfenster, da es dort drinnen eben keinen Ofen gab. Ein Hauch auf die kalte Scheibe und ein kleines immer größer werdendes Gucklock machte den Blick auf die verschneite Landschaft frei.
Herrlich, hat ja fast was romantisches.

Liebe Grüße
GiselaF.

Daisy hat gesagt…

Ein Wort zum Bild: super! Es hat dieses gewisse Flair, beim Betrachten fühle ich mich so um ca. 60 Jahre zurück versetzt. Wirklich klasse!

Anonym hat gesagt…

Wie wunder-wunder-wundervoll!!
Du öffnest Herzen mein Engel!!
Und ja, ich erinnere! DANKE dafür!
Ich liebe dich von Herzen!!
Deine M. :-*